Der Eskapismus: Mit Kunst aus der Realität flüchten

Fröhliche junge Frau zuhause am Schreibtisch mit Smartphome

Manchmal überfordert die Realität so sehr, dass man einfach nur ausbrechen und in eine andere Welt entfliehen möchte. Diese Realitätsflucht nennt man Eskapismus.

Früher flüchteten sich die Menschen in Traumwelten von Kunst und Dichtung, heute sind die Scheinwelten in den digitalen Medien ein beliebtes Mittel, um sich aus dem Alltag auszuklinken. Warum Eskapismus manchmal sein muss, erfährst du hier.

Warum betreiben Menschen Eskapismus?

Laut Definition ist Eskapismus die Flucht vor der Realität in Illusionen oder Vergnügungen. Der Begriff leitet sich vom englischen „to escape“ für „flüchten, entfliehen“ ab. In Krisenzeiten, bei zu viel Stress oder einfach zum Runterkommen nach der Arbeit suchen sich die Menschen dadurch eine Möglichkeit, den Alltag für kurze Zeit zu vergessen und sich schönen Dingen zu widmen. Eskapismus dient zur Entspannung und Zerstreuung. Ziel ist es, die Gedanken abzuschalten und die Sorgen zu vergessen.
Während der Corona-Pandemie hat vermutlich jeder ab und an ganz gezielt Eskapismus betrieben.

In den Nachrichten kreiste alles um das eine Thema, in Gesprächen im Familien- und Bekanntenkreis wurde zwangsläufig über die Regelungen diskutiert, Ohnmacht und Zukunftssorgen nahmen zu und die Kontaktbeschränkungen machten das Entfliehen fast unmöglich. Dann blieben nur noch das Bingewatchen von Serien, das Unterhaltungsprogramm im Fernsehen, Online-Kochkurse oder ein gutes Buch zur Ablenkung.

Die Kunst als Zufluchtsort

Kunst und das eigene Kreativsein ist für viele eine willkommene Abwechslung zum Alltag. Malen, Nähen, Basteln, Handwerken, Schreiben, Musizieren, Komponieren, Tanzen – vieles dient als Ventil, um sich auszudrücken und abzulenken. Gerade durch globale Krisen verändert sich die Kunst. Zum einen bietet sie die Möglichkeit, das eigene düstere Innenleben darzustellen und seelischen Ballast in Bilder, Designs, Kompositionen oder Choreographien umzusetzen. Zum anderen zeigt sich der tiefverwurzelte Wunsch nach der schönen heilen Welt.

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Ein klassisches Beispiel für eine eskapistische Kunstepoche ist die Romantik. Der Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert war von Unruhen und einer Unzufriedenheit mit der Politik geprägt. Die Menschen wurden im Zuge der Industrialisierung durch Maschinen ersetzt, deshalb wandten sie sich von der kapitalistischen und gewinnorientierten Arbeitswelt ab und lieber einer verklärten Welt zu, idealisierten die Natur, das Reisen und die Freiheit. Diese Sehnsucht fand sich in Kunstwerken und Dichtungen wieder. Typische Vertreter der Epoche waren Caspar David Friedrich und Friedrich Hölderlin. Unberührte Landschaften, Fernweh und das Reisen gehörten zu den Motiven, die Wort und Bild bestimmten und den Menschen die Flucht in eine andere Welt ermöglichten.

Eskapismus im Alltag: Wie entkomme ich der Realität?

Heutzutage werden andere Mittel genutzt, um den Anforderungen des Alltags zu entfliehen. Vielen ist vermutlich gar nicht bewusst, wie oft sie täglich Eskapismus betreiben, um beispielsweise für eine ausgeglichen Study-Life-Balance zu sorgen.

Jeder hat seine kleinen Alltagsfluchten und Rituale, um den Kopf frei zu bekommen. Das ist völlig normal, solange die Realitätsflucht nicht überhandnimmt. Eskapismus erhält sogar die mentale Gesundheit, bringt uns zum Lachen oder regt die Kreativität an:

Soziale Medien

Heutzutage ist es durch die digitalen Medien fast schon alltäglich, sich zwischendurch aus der Realität auszuklinken. Die Sozialen Medien täuschen uns eine Scheinwelt vor, in der alle gut gelaunt, wunderschön und erholt sind. Urlaub, Party, Wellness, Erfolg – diese Attribute stehen im Vordergrund und lassen uns von selbigen träumen.

Kino

Seit Jahrzehnten gilt das Kino als Zufluchtsort, um in eine andere Welt einzutauchen. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zahlreiche Heile-Welt-Filme produziert, die den Menschen eine Auszeit vom Alltag voller Zerstörung schenken sollten. Heutzutage stehen Action-Blockbuster hoch im Kurs, die das Publikum bei wenig Handlung mit vielen Effekten berieseln.

Fernsehen

Nichts ist einfacher, als sich nach einem anstrengenden Tag zu Hause aufs Sofa zu setzen und den Fernseher anzuschalten. Ein bisschen rumzappen, hier und da kurz hängen bleiben oder gezielt das Abendprogramm schauen gehört für viele zum täglichen Entspannungsritual.

Pandemie
Streaming

Filme und Serien stehen bei Streaming-Diensten jederzeit auf Abruf bereit. Wer will, kann sich also stundenlang in andere Welten stürzen. Fantasy, Comedy, Thriller – für jeden Geschmack ist etwas dabei und lädt direkt dazu ein, ganze Tage in einer Scheinwelt zu verbringen.

Games

Inzwischen sind Videospiele für viele das ideale Mittel, um nach der Uni oder Arbeit runterzukommen, den Stress zu vergessen und in eine andere Welt abzutauchen. Da hier nicht nur berieselt wird, sondern aktive Teilnahme erforderlich ist, besteht besonders die Gefahr, sich komplett darin zu verlieren und die Scheinwelt der Realität vorzuziehen.

Bücher

Beim Lesen von Büchern erschaffen wir uns im Kopf eine eigene Fantasiewelt. Schon als Kinder lieben wir Bilderbücher, weil sie die Kreativität fördern. Spannende Abenteuer in fernen Ländern, Zeitreisen ins Mittelalter, Kämpfe mit Fabelwesen oder das Lösen mysteriöser Rätsel lassen uns die Alltagssorgen vergessen.

Shopping

Ein Einkaufsbummel kann herrlich ablenken. Einfach durch die Geschäfte laufen und ein paar Kleinigkeiten kaufen entspannt und befriedigt auch noch das Belohnungszentrum. Solange es bei Kleinigkeiten bleibt, ist das in Ordnung. Zum Problem wird die Flucht ins Shopping-Vergnügen erst, wenn sinnlose und überteuerte Käufe getätigt werden.

Ist Eskapismus gesund oder gefährlich?

Grundsätzlich ist Eskapismus eine Art Schutzmechanismus, der uns hilft, Krisen und Stress, z.B. während dem Umgang mit Prüfungen unbeschadet zu überstehen. Zwischen all der Anspannung muss auch Entspannung sein. Wer nicht auf seine mentale Gesundheit achtet, läuft Gefahr, ein Burn-out zu erleiden. Kleine Zufluchtsinseln aus dem belastenden Alltag sind also sinnvoll und unterstützen die Regeneration. Nach der Arbeit fernsehen, hin und wieder in Games-Welten eintauchen oder alle Folgen einer Serie bingen dient als Ausgleich zu den Anforderungen des Lebens.
Mehr Eskapismus kann jedoch auch zur Sucht werden.

Wer sich ständig in Fantasiewelten flüchtet, satt sich dem wahren Leben zu stellen, verliert dadurch den Bezug zur Realität. Übermäßiges Gamen, der komplette Rückzug aus dem sozialen Umfeld, Vernachlässigung der Arbeit und der Körperhygiene oder das Übernehmen der Fantasiewelt in den Alltag deuten auf einen Realitätsverlust hin. Werden Alkohol und Drogen genutzt, um sich zu betäuben und vor Problemen zu fliehen, gefährdet das massiv die Gesundheit. Dient der Eskapismus einzig dazu, um die Realität zu vermeiden, ist eine therapeutische Behandlung dringend angeraten.

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