Die Auswirkungen der Urbanisierung auf den Immobilienmarkt

Alle wollen in der Stadt wohnen, niemand mehr auf dem Land – die Urbanisierung schreitet immer weiter voran und hat dadurch Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft.

Weniger Wohnungen stehen zur Verfügung – weit weniger als benötigt werden, was zu steigenden Mieten und Kaufpreisen der Immobilien führt. Auch die Zuwanderung steigt unaufhörlich an und stellt die Immobilienbranche vor Herausforderungen.

Was bedeutet Urbanisierung?

Laut Definition bezeichnet Urbanisierung die Ausweitung einer Stadt und den Ausbau der städtischen Lebensformen. Das Wort kommt aus dem Lateinischen: „urbs“ bedeutet „Stadt“. Urbanisierung wird deshalb oft mit dem Begriff der Verstädterung gleichgesetzt. Doch es gibt einen Unterschied: Während Verstädterung die reine Ausbreitung von Städten beschreibt, gehört zur Urbanisierung auch die Optimierung des Lebensraums.

Wirtschaft, Sozialleben, Infrastruktur – die Stadt wird nicht nur flächenmäßig und durch mehr Einwohner größer, sondern verändert sich auch in ihrer Struktur und im Stadtbild. Urbanisierung ist damit ein fortlaufender Prozess, in dem mehr Wohnraum und mehr Arbeitsplätze geschaffen werden müssen, was wiederum Veränderungen der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat – im besten Fall einen Aufschwung.

Welche Arten der Urbanisierung gibt es?

Der Überbegriff der Urbanisierung lässt sich in drei Bereiche unterteilen:

Physische Urbanisierung

Als physische Urbanisierung wird die flächenmäßige Erweiterung der Stadt bezeichnet, also die reine Verstädterung.

Funktionale Urbanisierung

Unter einer funktionalen Urbanisierung versteht man den Ausbau der Infrastruktur inklusive Straßenbau, Verkehrsanbindung und Kommunikationsnetzen. Dadurch können auch ländliche Regionen an die Standards von Städten angepasst werden.

Soziale Urbanisierung

Die soziale Urbanisierung ist eine Annäherung zwischen Stadt- und Landbevölkerung. Damit passen sich Verdienst, Wertvorstellungen, Konsumverhalten und Freizeitgestaltung aneinander an.

Wie kommt es zur Urbanisierung?

Was treibt die Menschen vom Land in die Stadt? Die einfache Antwort: Die Hoffnung auf ein besseres Leben. Jüngere Menschen sehen auf dem Land begrenzte Möglichkeiten, sich beruflich weiterzuentwickeln. Also ziehen sie für das Studieren und Arbeiten in die Stadt und suchen sich dort einen Job, der sie glücklich macht – und natürlich eine Wohnung.

Der Zustrom der jungen Landbevölkerung ist seit Jahrzehnten ungebrochen, denn nur die wenigsten übernehmen beim Berufseinstieg den elterlichen Betrieb oder finden vor Ort einen Ausbildungsplatz mit Perspektiven. Hinzu kommt das kulturelle Angebot, das soziale Leben, die gute Infrastruktur und natürlich das gut ausgebaute Internet. Wurden im 19. Jahrhundert noch extra die Leute vom Land in die Stadt mit freien Arbeitsplätzen gelockt, nehmen junge Menschen heutzutage eine langwierige Wohnungs- und Jobsuche in Kauf, nur um dem Landleben zu entfliehen.

Da in den Innenstädten der Wohnraum irgendwann erschöpft ist, entstehen neue Wohngebiete am Stadtrand. Die freien Flächen bis zum nächsten Vorort werden immer weiter bebaut, bis Stadt und Vorort schließlich verschmelzen.

Die Anfänge der Urbanisierung

Reist man in die Vergangenheit zurück, sieht man deutlich, dass im Mittelalter Stadt und Land noch deutlich voneinander getrennt waren. Der Großteil der Bevölkerung lebte vor den Toren der Stadt, nur ein kleiner Teil gehörte damals zur Stadtbevölkerung. Mit der Industrialisierung nach 1800 änderte sich das jedoch schlagartig: In den Städten wurden für die Fabriken mehr Arbeitskräfte benötigt, also lockte man die Landbevölkerung mit Arbeitsplätzen und neugebauten Wohnungen an.

Die entstanden um den Stadtkern herum am Stadtrand, dessen Radius im Lauf der Jahrzehnte immer größer wurde. Ehemalige Bauerndörfer aus dem Umland wurden eingemeindet, was sich noch heute an den einzelnen Bezirken der Großstädte erkennen lässt. Mit der Erfindung der Eisenbahn wurden die einzelnen Städte miteinander vernetzt – auch das war für viele ein Grund, sich in der Stadt niederzulassen. Schon damals war der Zustrom größer als die verfügbaren Wohnräume, weshalb der Platz knapp war, die Mieten teuer und einzelne Zimmer deshalb oft von ganzen Familien bewohnt wurden.

Wie verändert die Urbanisierung den Immobilienmarkt?

Rund 200 Jahre später ist das Bauland in vielen Städten erschöpft, der bestehende Wohnraum voll ausgelastet und auch die Arbeitsplätze sind in den Städten hart umkämpft. Trotzdem hält die Zuwanderung weiter an. Die Nachfrage nach Wohnungen ist größer als das Angebot, entsprechend explodieren die Mieten und Kaufpreise. In Großstädten eine bezahlbare Wohnung zu finden oder ein Haus für die Familie ist inzwischen fast ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Es gibt kaum Leerstand, dafür horrende Preise, die sich immer weniger Menschen leisten können. Deshalb denken viele Familien inzwischen wieder über einen Umzug aufs Land nach – sofern dort die Infrastruktur ausgebaut ist.

Allein in Deutschland leben bereits über 77 Prozent der Menschen in Städten, Tendenz weiter steigend. Betrachtet man die derzeitige Situation in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München, stellt man sich unweigerlich die Frage: Wo sollen die denn alle wohnen? Eine Herausforderung für die Immobilienbranche, denn neuer Wohnraum muss her – und das möglichst schnell. Doch damit nicht genug: Auch Geschäfte, Freizeiteinrichtungen, medizinische Versorgung, Verkehrsanbindung, Kanalisation und Trinkwasserversorgung müssen in die Planung einbezogen werden, um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung abzudecken.

Hinzu kommen Restriktionen und Nachhaltigkeitsmanagement, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Megacities wie Tokio, Shanghai oder New York zeigen, wohin der Immobilientrend geht: In den eigenen vier Wänden ist immer weniger Platz, jeder Zentimeter muss optimal genutzt werden. Tiny-Flats und Tiny-Houses werden die Zukunft bestimmen.

In ländlichen Gebieten mit schlechter Infrastruktur stehen dafür immer mehr Häuser leer, denn niemand will sich hier niederlassen. Für Jüngere bietet der Ort keine Zukunftsperspektiven, Ältere sind hingegen mehr auf ärztliche Versorgung und öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und bevorzugen bei einem Umzug ebenfalls die Nähe zur Stadt. Da auch das Internet meist nicht ausgebaut wird, sehen sich viele gezwungen, Richtung Stadt umzuziehen. Auch hier besteht die Möglichkeit zur funktionalen Urbanisierung, um ländliche Regionen komfortabler und attraktiver zu gestalten.

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