Wie entwickelt sich der Markt für Product-Placement in Deutschland? Welche Möglichkeiten gibt es, welche Einschränkungen bleiben bestehen?
W&V Redakteurin Lisa Priller-Gebhardt sprach dazu mit Prof. Dr. Udo Bomnüter, dem Leiter unseres neu akkreditierten Studiengangs Filmmaking B.A. an der Hochschule Macromedia.
Das Interview erschien in „Werben und Verkaufen“, Edition No. 4 / 2023, Seite 113, sowie online.
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W&V: Herr Bomnüter, wo steht der Product-Placement-Markt in Deutschland?
Prof. Bomnüter: Nach einem pandemiebedingten Einbruch 2020 wächst der Markt für Product-Placement weltweit, auch in Deutschland. Das liegt auch am anhaltenden Erfolg der Streamingdienste, die vor allem bei jüngeren Zielgruppen das lineare Fernsehen verdrängt haben und bei denen Product-Placement eine große Rolle spielt, wie das Beispiel der Serie „Stranger Things“ zeigt.
W&V: Im Bereich Kino und Streaming ist vieles erlaubt. Bei TV gibt es trotz der Legalisierung vor zwölf Jahren noch einige Einschränkungen. Welche genau?
Prof. Bomnüter: Zunächst ist Product-Placement nur in Kinospielfilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und sogenannten Sendungen der leichten Unterhaltung zulässig, nicht aber in Kindersendungen sowie informativen und beratenden Sendeformaten. Außerdem müssen Platzierungen eindeutig gekennzeichnet werden. Ein prominentes Beispiel dafür, welche Folgen ein Verstoß haben kann, ist der Fall der Produktionsfirma Moovie. Nach zwei Fällen von nicht gekennzeichnetem Product-Placement in TV-Movies, unter anderem für Volkswagen, stellte das ZDF 2011 vorübergehend die Zusammenarbeit mit dem Produzenten ein. Zuschauer wollen Werbung, die nicht nervt.
Prof. Bomnüter: Es sollte in einem positiven Umfeld erfolgen, subtil in den Erzählstrang eingebunden sowie authentisch integriert sein, wenn möglich in einem starken emotionalen Kontext. Wichtig ist auch, dass die Art und Weise der Darstellung zum Unternehmen passt, damit sie glaubwürdig erscheint. Keinesfalls darf Product-Placement als auffällig oder gar störend empfunden werden, zum Beispiel, wenn ein Charakter ein Produkt deutlich sichtbar in der Hand hält und sich dazu noch verbal äußert.
W&V: Wie viel Produktplatzierung vertragen Zuschauende? Bei manchem Schweighöfer-Streifen hat man das Gefühl, in einem 90-minütigen Werbefilm gelandet zu sein.
Prof. Bomnüter: Eine berechtigte Frage. Diese Kritik trifft auch Hollywood-Filme, wie damals „I Robot“. Es stimmt schon: Der Kinofilm „Schlussmacher“ von 2013 (Regie: Matthias Schweighöfer und Torsten Künstler) ist ein extremes Beispiel mit seinen Platzierungen von Mercedes-Fahrzeugen, Friendscout 24, Vodafone, Red Bull und Pick-up-Keksen, die geschätzt bis zu 20 Prozent zum Produktionsbudget beigetragen haben. Ähnlich ausgeprägt ist das Product-Placement in TV-Formaten wie „Germany’s Next Topmodel“.
W&V: Wie reagiert das TV-Publikum darauf?
Prof. Bomnüter: Problematisch wird ein solches Vorgehen, wenn die Zuschauer den Beeinflussungsversuch durch das Product-Placement erkennen, zum Beispiel bei besonders auffälligen oder gehäuften Platzierungen. Hier kann es zu einer innerlichen Abwehrreaktion kommen, die man als Reaktanz bezeichnet. Im Extremfall kann die bewusste Wahrnehmung der Platzierung dann zu einer stark negativen Haltung gegenüber dem platzierten Produkt oder dem werbenden Unternehmen führen. Das wird noch verstärkt, wenn die Seherfahrung der Zuschauer beeinträchtigt wird, sie also durch die Wahrnehmung von Product-Placement aus der Handlung herausgerissen werden. Dann schlägt der „Bumerangeffekt“ voll zu. •
Autorin: Lisa Priller-Gebhardt
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Informationen zum Studiengang Filmmaking B.A. gibt es hier.