Am 24. Oktober endet die Konsultationsfrist der EU-Kommission zum geplanten Digital Fairness Act (DFA). Diese Gesetzesinitiative soll Verbraucher:innen in der EU vor unfairen Geschäftspraktiken im Internet schützen.
Im Fokus stehen unter anderem sogenannte Dark Patterns – also manipulative Designs und suchtverstärkende Features, die Nutzer:innen gezielt zum längeren Verweilen oder zu unbewussten Entscheidungen verleiten. Eine neue Studie der Macromedia University of Applied Sciences in Zusammenarbeit mit YouGov Deutschland liefert dazu erstmals repräsentative Daten für Deutschland: Sie rät zu einem Perspektivwechsel in der Digitalpolitik – statt allein auf Plattformfunktionen zu schauen, sollte Regulierung auf das tatsächliche Verbraucherverhalten zielen.
„Entscheidend für die Suchtgefahr sind nicht die reine Bildschirmzeit, sondern das konkrete Verhalten und die Mechanismen der Plattformen. Unsere Daten zeigen: Kurzclip-Feeds sind für die Generation Z am schwersten zu beenden. Babyboomer verweilen eher auf YouTube im Lean-back-Modus, ähnlich wie beim passiven Konsum klassischen linearen Fernsehens. Online-Plattformen machen sich so über lange Jahre des Medienkonsums entstandene Verhaltensmuster zunutze. Darüber hinaus erhöhen insbesondere Posting- und Reaktionsfunktionen den Reiz für Nutzer:innen dranzubleiben.
Genau hier sollte Regulierung ansetzen. Bisherige Ansätze greifen zu kurz, da sie sich fast ausschließlich auf die Funktionen der Dienste konzentrieren. Dieses Modell mag in der Ära der Telekommunikation funktioniert haben, doch digitale Plattformen können ihre Features jederzeit ändern, ohne dass sich das Nutzungsverhalten automatisch mitverändert.”
— Prof. Dr. René Arnold, Professor für Management mit Schwerpunkt Digitalisierung an der Macromedia University.
Repräsentative Daten zeigen deutliche Generationseffekte
Die Macromedia-YouGov-Studie basiert auf einer bevölkerungsrepräsentativen Online-Befragung von 2.033 Personen in Deutschland, die zwischen dem 9. und 12. Mai 2025 durchgeführt wurde. Sie untersucht, welche Plattformfunktionen suchtähnliches Verhalten besonders stark fördern.
Regulierung nach Verhalten statt nach Funktionen
Arnold warnt davor, digitale Dienste allein nach ihren Funktionen zu kategorisieren – ein Ansatz, der in der Telekommunikationspolitik gut funktioniert habe, im Plattformzeitalter jedoch zu kurz greife. „Digitale Plattformen können ihre Features jederzeit ändern, ohne dass sich das Nutzungsverhalten automatisch mitverändert. Wer nur Funktionen reguliert, verfehlt die eigentlichen Dynamiken“, so Arnold.
Die Studie empfiehlt daher, künftig empirische Verhaltensdaten stärker in die Regulierung einzubeziehen. Das kann etwa durch verpflichtende Veröffentlichung alterssegmentierter Kennzahlen zu Postings, Reaktionen und Sitzungsdauer geschehen. Auch einfache Gegenmaßnahmen wie das Deaktivieren von Autoplay, End-of-Feed-Signale oder Cool-off-Phasen könnten helfen, das Nutzungsverhalten bewusster zu gestalten.
Hintergrund: der Digital Fairness Act (DFA)
Mit dem Digital Fairness Act will die Europäische Union die digitale Verbraucherschutzpolitik weiterentwickeln. Ziel ist es, manipulative Online-Praktiken zu begrenzen und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Die Konsultationsfrist endet am 24. Oktober 2025 – mit der Macromedia-Studie liefert die Hochschule einen datenbasierten Beitrag zur europäischen Debatte.